5 • Agadir und Marrakesch

Ungewollt früh stehen wir auf, packen alle Sachen, hinterlassen ein sandiges Zimmer und wecken Yassine, der schlaftrunken auf dem Bett sitzt und sich uns in diesem Zustand nicht nähern will. Die Fahrt zum Bahnhof klappt perfekt, wir werden noch vor der Bahnhofshalle abgefangen und zum richtigen Bus gebracht, der schon fast abgefahren ist. Uns wird ein Ticket organisiert, wir bekommen wieder Panoramaplätze ganz vorne und los geht’s hoch in die Berge. Das Frühstück geht leider dafür drauf, doch die Sicht ist herrlich und zeigt eine rot-orangene Steppe mit kleinen olivgrünen Sträuchern, die die Berge säumen.

Zurück in Marrakesh suchen wir die Jemaa El Fna auf und essen dort zu Mittag. Wieder gibt es Couscous mit läpprigem Gemüse, aber es schmeckt mal wieder nicht wirklich nach irgendetwas. Keine gute Wahl! Nach der langen Fahrt und der kurzen Nacht geht mir der Lärm der Jemaa El Fnaa schnell auf die Nerven und die erhoffte Entspannung setzt nur bruchstückartig ein. So entscheiden wir schnell, jetzt schon zum Flughafen zu fahren und dort auf Lea zu warten. Die Fahrt geht’s gar ziemlich reibungslos, weil wir einen Taxifahrer auf 450 Dirham runterhandeln können, obwohl sein Festpreis 700 gewesen wäre und sogar der Bus 600 gekostet hätte. Sehr lieb von ihm und ein netter Kerl. Er erzählt allerdings, dass eine Taxilizenz 40.000 Dirham und das Taxi dann noch 10.000 Dirham kostet, allerdings mittlerweile alle 10 Jahre erneuert werden muss. Nicht wirklich das lukrativste Business.

Am Flughafen erholen wir uns soweit, ich quatsche mit einer Französin, sie seit 13 Jahren in Marokko lebt. Sie empfiehlt mir, das Wasser auf keinen Fall einfach so zu trinken, sie würde immer noch jedes Mal wieder Durchfall bekommen, wenn sie auswärts Wasser aus dem Hahn trinken würde.

Perfekt getimt holen wir Lea entspannt ab, fangen sie mit einem Namensschild ab und ich freue mich sehr, sie nach einem Jahr wiederzusehen. Es gibt viel zu erzählen und es ist witzig, sich auf komplett neuem Terrain wiederzusehen.

Vor dem Eingang treffen wir Soufiane, den wir über Couchsurfing kennen gelernt hatten, nachdem erwünscht von sich aus angeschrieben hatte und somit auf den Public Trip für Marrakesh geantwortet hatte. Er studiert selbst an der FH Köln Elektrotechnik und ist für zwei Monate in den Semesterferien zu Besuch daheim in Marrakesh. Er ist wohl schon seit 2006 oder länger in Deutschland und wohnt in Kalk. Soufiane ist ein ganz Lieber, der sich von Anfang an super um uns kümmert. Zusammen mit seinem Schwager fahren wir nach M’Hmid in der Nähe des Flughafens an der Haltestelle der Numero 11 an Ecole Badr.

Wie schon in Agadir gehört seiner Familie das gesamte Häuserteil von unten bis oben – ein Riesensofa empfängt uns und wir werden auf Anhieb mit marokkanischer Gastfreundschaft gesegnet. Soufianes Mutter und seine Schwester mitsamt seinem Schwager und dessen zwei Söhnen Rassan und Adam empfangen uns, bereiten uns Gouté, also die Marokkanische Teezeit zu, und wir werden gleich ausgefragt. Es ist ein Mix aus Englisch, Französisch und Arabisch, dazu The à la Menthe, Nescafé, der Indienerinnerungen weckt, selbst gebackenes Brot mit Olivenöl, Oliven, Butter, Marmelade, Melui (Teigfladen aus Butterteig) und somit ein sehr reichliches Mahl.

Die ganze Bande ist super lieb zu uns, sehr interessiert und wir unterhalten uns gut. Soufiane ist ein Quatschkopf, mit dem man super scherzen und Spaß haben kann. Gemeinsam gehen wir auf die Straße, ziehen durch die benachbarten Straßen, lassen uns durch den vollen, lärmenden Souk treiben und sind erstaunt vom großen Wahltreiben. Am darauffolgenden Tag wird eine Wahl in Marrakesh stattfinden, die lokale Politiker und Parteien bestimmt, doch Soufiane sagt, er sei noch nie zur Wahl gegangen und habe dies auch nicht vor.

Dennoch erklärt er uns ein wenig die verschiedenen Parteien, die in verschiedenen Symbolen dargestellt sind. Hier gibt es Traktor, Tagine, Pferd, Taube und auch einen Daumen, der nach oben zeigt. Soufiane selbst weiß nicht so super viel darüber, bemüht sich aber doch sehr, es uns zu erklären und lässt sich sogar fast dazu überreden, am nächsten Tag selbst wählen zu gehen. Von M’Hamid fahren wir mit dem Bus in die Stadt, gehen noch einmal zur Jemaa El Fna, zur Koutoubiya, ziehen durch die Souks, um sie Lea zu zeigen und laufen dann die zwei Kilometer hoch zum Bab Doukkala.

Es ist schön, in der Abendstimmung ganz entspannt und in schöner Runde durch die Stadt zu laufen, ohne ein Ziel zu haben oder Eile zu empfinden. Wir quatschen viel, unterhalten uns und erfahren einiges über unseren Kölschen Marokkaner. Dass er seit zwei Jahren nicht mehr hier gewesen ist zeigt sich letztlich aber auch in seiner Orientierung, da er nicht wirklich den Plan hat, wie man mit öffentlichen Verkehrsmitteln von A nach B kommt. So warten wir ewig auf ein Grand Taxi, nach dem wir schon den letzten Bus verpasst und ein kleines Taxi als Option ausgeschlossen haben. Sprich, es dauert lange bis wir zu Hause sind und wir finden uns bald in Marrakesh besser zurück als er selbst.

Auf dem Weg kurz vor dem Bab Doukkala ruft Yassine an und sagt, dass er gerade auf der Terrasse sitzt und uns schon vermisst. Wir sollen ihn auf dem Laufenden halten, und vorbeikommen, wann immer es möglich ist.

Zum Abendessen gibt es Nudeln mit Zimt, Puderzucker, Poulet und Rosinen. Eine interessante Mischung, schmeckt aber sehr lecker.