16. März 2016
Gar nicht so einfach, dieses Thema! Momentan lebe ich ein Nomadenleben, trage meine Sachen immer ein Zimmer oder eine Straße weiter und werde in einer Woche endlich in meine finale Wohnung einziehen können.
Nach den zwei Wochen in der Villa abseits jeglichen Lebens habe ich mit zwei Italienern in einer WG im Herzen der Stadt gewohnt. Die beiden, Matteo und Giulia, sind super lieb und ich konnte eine tolle Zeit mit ihnen verbringen, in denen viel gelacht, gekocht und gequatscht wurde. Zwar verboten sie mir grundlegend, auch nur ein Wort Italienisch zu lernen, aber dennoch fand ich durch sie einen ersten kleinen Zugang zu einer herrlichen Sprache. Das einzige Problem war bloß, dass ich keine Tür hatte; nein, viel eher hatte ich keine Wand. Zwischen den zwei wunderschönen, großen Zimmern der beiden bewohnte ich den ehemaligen Salon, den ein kleines Bett, ein kleiner Schreibtisch, ein kleiner Tisch, eine große arabische Weltkarte und ein großer roter marokkanischer Teppich schmücken.
Obwohl beide Italiener zu Recht behaupten, sie würden mehr Lärm machen als fünf Deutsche auf einem Haufen, machte mir nicht einmal dies, sondern viel eher der kontinuierliche Entzug von Privatsphäre zu schaffen. Wenn jemand hinter dem Vorhang redet, ist es nun mal immer noch faktisch direkt in meinem Zimmer. Und wenn abends Besuch da ist, ist auch dies praktisch in meinem Zimmer. Meine Kultur kann ich also doch nicht so leicht hinter mir lassen wie ich es gerne hätte. Auch eine Erkenntnis wert.
Sehr viele Internationals wohnen mittlerweile in der Kasbah des Oudayas. Es ist wunderschön dort, die niedrigen Häuser sind in weiß und blau gestrichen und es ist unfassbar ruhig, nur das Rauschen der Wellen ist zu hören. Sie sind weit weg von der Uni, jedoch umso näher am Ozean und erleben einen ganz einzigartigen Teil der Stadt hautnah.
Ich wohnte und werde im Viertel Hassan wohnen, das als gehobeneres Diplomatenviertel bekannt ist. Nach einer Hamlet-Vorführung im Nationaltheater in Rabat fuhren nicht wenige diplomatische Wagen an uns vorbei als wir auf dem Heimweg waren. Hier ist es ruhig, die Straßen sind geräumig und gepflegt, nur der Kindergarten am Ende der Straße bricht die Stille ab und zu wenn Pausenzeit ist.
Die Medina, das heißt Tradition, verworrene Gassen, tagsüber Märkte, nachts dreckige Straßen. Die Oudayas, das heißt Ruhe und Ozeannähe, tolle Aussicht, Einfachheit. Hassan, das bedeutet breite Straßen, Boulangerien und Kioske, Nordende der Stadt, Wohlfühlen und Sicherheit. Agdal, bedeutet Moderne und Nachtleben, ausgehen und Standardkettenrestaurants, Mode und Shoppen, das „neue Marokko“. Und Hay Riad, das heißt Villen, Taxen, chice Autos, reiche Bewohner, leergefegte, stille Straßen.
So findet hier in Rabat jeder sein Viertel und seine Zugehörigkeit. Mittlerweile durchblicke ich die Stadt, kann die verschiedenen Viertel bestimmten Eigenschaften zuordnen und mich somit ideal orientieren. Noch nie zuvor habe ich eine Stadt auf diese Art erkundet und so abgetrennt in Stadtvierteln gedacht.
Ich liebe Rabat für diese Diversität, für diesen einzigartigen Mix aus allem, was Tradition und Moderne zu bieten haben. Für die fantastischen Saftläden, für die Konzerte im Cinema de la Renaissance, für das Sprachcafé, für den Sonnenuntergang am Pier, für die Erreichbarkeit aller Notwendigkeit in Fußentfernung.
Es ist eine Stadt, in der ich bleiben kann, in der ich mich einrichten und Zuhause fühlen kann. Keine andere marokkanische Stadt hat dies bislang für mich geboten, sodass ich mich glücklich schätze, das halbe Jahr über hier sein zu dürfen. Auch wenn die Zeit rennt; bis Juli bin ich hier und freue mich über jeden Besucher. Ja, das ist eine Einladung!